Workshop - Linux und Psion the other way
von Holger Leerhoff (https://www.leerhoff.de/holger.html)
Eine Alternative mit einer ganzen Reihe von Vorteilen ist die Anbindung über TCP/IP, dem Standardprotokoll im Internet. Im Gegensatz zur von Thomas vorgestellten Lösung muß hier allerdings der Psion die Regie übernehmen, was den Datentransfer angeht; ein Zugriff auf den Psion vom LINUX-Rechner (in diesem Workshop spreche ich generell von LINUX; die vorgestellten Methoden eignen sich natürlich auch für Solaris, AIX und andere UNIX-Varianten) aus ist nicht möglich.
Der Psion bringt den TCP/IP-Protokollstack bereits von Haus aus mit; zumindest gilt das für die Maschinen ab ER5. Bei den älteren Geräten wird das Protokoll automatisch mitinstalliert, wenn Psions MessageSuite installiert wird. Bevor ich nun auf Einzelheiten eingehe, hier nochmal einige der Vorteile, die eine Anbindung über TCP/IP bietet:
- der Zugriff zum Dateitransfer kann nicht nur direkt über die serielle Schnittstelle erfolgen, sondern bei Bedarf (und entsprechender Konfiguration der LINUX-Maschine) sogar über ein dort angeschlossenes Modem oder das Internet
- neben dem Dateitransfer sind auch noch der Zugriff auf eMail, WWW, ICQ und alle anderen vom Psion aus nutzbaren Internet-Anwendungen möglich -- der Psion ist im Prinzip direkt mit dem Internet verbunden. Natürlich ist auch eine Anbindung an einen Einzelplatzrechner möglich und durchaus praktisch.
Doch nun zur Konfiguration:
Auf der Psion-Seite könnte es einfacher kaum sein. In der Systemsteuerung richtet man eine neue Internet-Verbindung ein: Verbindungstyp ist "direkt", unter Konto nimmt man die Zugangsdaten für einen PPP-Zugang auf die LINUX-Kiste. Die IP-Adresse lasse ich mir vom Server übergeben, die DNS-Adresse habe ich manuell eingetragen, aber das ist natürlich eine Frage der Konfiguration unter LINUX. Die restlichen Einstellungen in der Inernet-Konfiguration auf dem Psion habe ich nicht geändert. Als Modemtyp eignet sich die bereits vorhandene "Direktverbindung".
Die Konfiguration auf der LINUX-Seite ist schon etwas kniffliger und neben anderen Faktoren auch von der verwendeten Distribution abhängig, weshalb ich hier nur skizziere, um was es geht. Die genaue Vorgehensweise sollte man dann den umfangreichen Hilfedateien und Anleitungen entnehmen, die im Internet und auch auf den LINUX-Distributionen vorhanden sind -- die Konfiguration ist nicht anders wie bei der Einrichtung des Zugangs für Windows-PCs oder andere Rechner über die serielle Schnittstelle. Oder man fragt jemanden, der sich damit auskennt -- aber bestimmt nicht mich! :-)
- Zunächst sollte man auf die Schnittstelle, an die man den Psion anschließen möchte, einen mgetty legen und diesen beim Systemstart automatisch aufrufen. (Bei SuSE-LINUX sind für diese Einstellungen die Dateien in /etc/mgetty+sendfax/ sowie die /etc/inittab zuständig.) Auf dem Psion sollte man damit schon mit einem Terminalprogramm (dem eingebaute Comms oder, besser, dem kostenlosen und wirklich hervorragenden Hermes (URL siehe unten)) ein login bekommen und sich als normaler Benutzer auf dem LINUX-Rechner anmelden können. Damit wäre das größte Hindernis auch schon genommen. Bei Problemen kann man die Logdateien unter /var/log zur Fehlersuche heranziehen.
- Vom mgetty aus sollte dann über das login direkt der ppp-daemon pppd aufgerufen werden; dies ist etwas kniffelig. Ich mußte eine ganze Weile 'rumspielen, bevor das alles klappen wollte. Alternativ kann man sicherlich auch ein login-Skript auf dem Psion erstellen (bei den Internet-Einstellungen in der Systemsteuerung) und von dort aus den pppd aufrufen; dies ist wahrscheinlich die einfachere Lösung, allerdings habe ich diese bislang noch nicht getestet.
Wenn schließlich alles richtig eingerichtet ist und funktioniert, sollte man nun eine PPP-Verbindung vom Psion her aufbauen können -- die beiden Maschinen sind damit vernetzt. Dies kann man gut testen, indem man den Psion mit der vergebenen IP vom LINUX-Rechner her "anpingt". Richtig lustig wird die Sache, wenn die LINUX-Kiste entweder über das LAN oder auch per Modem / ISDN mit dem Internet verbunden ist: So kann man bei aktiviertem Masquerading vom Psion über LINUX direkt auf das Internet zugreifen und so seine eMails holen, im WWW surfen und tun, was man auch sonst so im Internet treibt. Wenn ich mich an den Schreibtisch setze, schließe ich meinen Psion umgehend an und bin den ganzen Tag damit online. Meine eMails lese und schreibe ich nur auf dem Psion und auch nICQ (Neuons sehr schöne Version von ICQ als Shareware) rennt andauernd.
Datenaustausch
Eine der häufigsten Aufgaben dürfte der Dateitransfer zwischen Psion und LINUX sein, ob nun zur Datensicherung oder um Dokumente auf dem jeweils anderen System zu bearbeiten. Dazu bedient man sich des Standard-Protokolls für den Dateitransfer, dem File Transfer Protocol oder kurz FTP. Auf dem LINUX-Rechner werkelt meist ohnehin schon ein FTP-Daemon im Hintergrund, der für die Server-Seite zuständig ist. Direkt für den Psion sind mir zur Zeit zwei FTP-Programme bekannt: RMR-FTP (https://www.rmrsoft.com/epoc/ftp.htm, Shareware, 50 DM) und nFTP (https://www.neuon.com/apps/nftp/, Shareware, 15 UKP) von RMR Software bzw. Neuon. Abgesehen von der schicken Oberfläche zeichnen sich beide durch einen meiner Meinung nach geradezu unverschämt hohen Preis aus, weshalb ich eine kostenlose Lösung unter Java einsetze: pjftp (https://www.serc.rmit.edu.au/~maurice/psion/sw.html#pjftp). Klein, schnell und den LINUX-typischen Programmen nicht unähnlich. Erfreulicherweise ist es aufgrund seiner Text-Oberfläche auch ganz wunderbar über Macros steuerbar.
Ein Problem stellt noch die Komplettsichererung des Psion dar; diese mache ich zur Zeit noch alle paar Wochen unter Windows und behelfe mir in der Zwischenzeit damit, nur die wichtigen Daten zwischenzusichern. Als Lösungsansatz könnte man automatisch bestimmte Verzeichnisse täglich (zum Beispiel mit CronTab auf dem Psion) packen lassen und das Archiv dann sichern.
Fernzugriff / Wartung
Ein weiterer Vorteil der hier vorgestellten Lösung ist noch, daß man die LINUX-Kiste mit einem normalen Telnet-Client auch vom Psion aus bedienen kann. Wenn dies auch im Normalfall nicht sehr oft vorkommt, hat es mir doch schon bei einigen Situationen sehr geholfen, beispielsweise um unterwegs schnell eine Datei vom Server zu holen, in letzter Minute noch eine LaTeX-Datei zu übersetzen oder auch den Rechner 'runterzufahren, wenn wegen eines Absturzes die PC-Tastatur überhaupt nicht mehr reagiert. Das Programm der Wahl ist hier das oben schon angesprochene Hermes (https://www.iota.demon.co.uk/psion/hermes/hermes.html, Freeware), welches übrigens sowohl als serielles Terminalprogramm wie auch als Telnet-Client eingesetzt werden kann.
Speziell dieser Anwendungsbereich ist auch für Leute interessant, die viel unterwegs sind und Wartungsarbeiten an LINUX-Maschinen ausführen müssen. Mit dem Psion und einem passenden Handy in der Tasche hat man hier im Handumdrehen Zugriff auf die Zielmaschine, der man dann binnen Sekunden relativ komfortabel zu Leibe rücken kann. Mit der tollen Tastatur des Serie 5 und dem Display, welches noch für ein recht komfortables Arbeiten bei einer 80*25-Darstellung mit vt100 ausreicht, hat man eine sehr gute und kleine Fernzugriffslösung an der Hand. Von dem kostenlos verfügbaren Citrix-Client (der natürlich mehr für die NT-Anwender interessant ist) und dem VNC unter Java ganz zu schweigen.
Bislang hat mir besonders eine Möglichkeit gefehlt, Dokumente vom Psion aus ohne allzu großen Aufwand über LINUX auf einen direkt oder über das LAN angeschlossenen Drucker auszudrucken; dank des Postscript-Druckertreibers von Andrew Johnson (https://www.aps.anl.gov/~anj/ps/) ist dies nun auch endlich möglich, sogar in ganz hervorragender Qualität.
Der Druckertreiber wird in der üblichen Weise als SIS-File auf dem Psion installiert und die Druckausgabe dann vom Treiber in eine Datei umgeleitet, deren Speicherort man unter Systemsteuerung / Drucker einstellen kann. Diese Datei kopiere ich dann mittels Macro5 und pjftp einfach in ein spezielles Verzeichnis auf dem LINUX-Rechner. Über die crontab auf LINUX rufe ich dann ein Skript auf, welches das Verzeichnis minütlich auf neue Dateien untersucht, diese dann ausdruckt und danach löscht. Nach dem Starten des Macros auf dem Psion geht der Rest also ganz automatisch. Bei Bedarf kann ich dieses Skript gerne zumailen.
Über weitere Anregungen zu diesem Thema würde ich mich sehr freuen; geeignete Tips werde ich dann in künftige Versionen dieses Workshops aufnehmen.