Der
neue Ericsson MC218
von Ingo
Fechtel, 07.11.1999
Die Spannung war schon bis fast zum Unerträglichen gestiegen. Wie schaut das Teil denn nun aus? Was ist der Unterschied zum Serie5? Ist er schneller? Ist er langsamer? Besserer Bildschirm? Andere Applikationen? Bessere Tastatur?
Als das Paket endlich da war, mußte ich es natürlich sofort aufmachen. Einer der ersten deutschen Ericsson MC218. Cool.
Ein paar Worte vielleicht zum Lieferumfang: In der Packung finden wir nicht nur den MC218 selber, sondern auch eine nette Tasche aus Kunststoff, schwarz mit weißen Rändern, in der der Ericsson mit Velcro-Bändern festgehalten wird. Außerdem natürlich zwei Batterien und eine Backup-Knopfzelle, sowie – man höre und staune – ein Ericsson Infrarotmodem DI28 für die neueren Telefone, welches man mit einer beiliegenden Karte allerdings auch in ein DI27 umtauschen kann. Für Besitzer eines beliebigen Ericsson-Telefons steht dem sofortigen Internetgenuß also nichts oder nur sehr wenig im Wege (Am besten haben es natürlich diejenigen, die ein SH-888 ihr Eigen nennen: Mit diesem Telefon kommuniziert der Ericsson ohne weitere Hilfsmittel direkt). Ja, und dann ist da natürlich noch die vom PSION her bekannte Software Ericsson EPOC Connect, identisch mit PsiWin 2.3, soweit ich das feststellen konnte. Außerdem auf der CD: Die beiden Applikationen Offline Web und My Pocket, mit denen man einerseits den Inhalt von Internetseiten auf den PC runterladen und dann auf den MC218 zum späteren Lesen übertragen kann, und andererseits die Synchronisationsfähigkeiten von EPOC-Connect um alle von EPOC Connect unterstützten Formate wie Word-Docs oder ähnliches erweitern kann. Die Software vergleicht dann die Versionsstände der jeweiligen Dokumente auf dem MC218 und dem PC und synchronisiert dann die neueste Variante auf das Gerät mit dem jeweils älteren Informationsstand. Ach ja, ich vergaß: Das RS-232 Kabel ist natürlich auch mit im Karton.
Zum äußeren Eindruck: Von der Größe her ist der MC218 natürlich mit dem Serie5 identisch. Klappe für die CF, Tasten für die Diktiergeräte-Funktion, RS-232 und IrDA: Alles da. Die Farbe ist allerdings im Gegensatz zum Serie5mx ein sehr dunkles, fast schon schwarzes dunkelblau-metallic. Für meine Begriffe (und die der Leute, die ich gefragt habe) sehr viel edler als das doch gewöhnungsbedürftige Titansilber des 5mx(PRO). An der Stelle, wo beim PSION die Typbezeichnung steht, finden wir beim Ericsson nur den Schriftzug der Firma. Klappen wir das Teil also auf:
Der Klappmechanismus und die Tastatur sind mit dem Serie5 identisch, klar, allerdings ist das Keyboard nicht schwarz wie beim neuen mx(PRO), sondern geringfügig heller, und die Schriftart ist eine etwas andere, leicht kursiv, und vermittelt einen recht gediegenen Eindruck. Die Folientasten rund um das Display sind deutlich dynamischer gestaltet als beim PSION, und von den Farben her etwas dezenter. Neu bei diesen Tasten ist die Applikation „Mein Telefon“, auf die ich aber später bei der Besprechung der Applikationen noch etwas genauer eingehe. Ansonsten ist das Look&Feel dasselbe wie beim Serie5. Und auch nach dem Einschalten empfängt den PSION-User Bekanntes:
Der Startbildschirm beim ersten Einschalten verkündet nur, daß das vorliegende Gerät von einem Betriebssystem der Firma symbian befeuert wird. Nach vom Serie5 her altbekannter Manier haben wir im jungfräulichen Gerät wenige Sekunden nach dem Einschalten die bekannten Applikationen und Begrüßungsdokumente: Nichts Neues. Lediglich in der Systeminformation finden wir den konkreten Hinweis auf den Hersteller Ericsson. Von Speicherausbau und Prozessorleistung her ist der Ericsson denn auch definitiv identisch mit dem PSION Serie 5mx. Er hat also kein RAM-only-design wie der Pro, die Applikationen sind nach wie vor im ROM. Vorteil: Der Ericsson hat wie der 5mx auch dem PRO gegenüber einen leichten Vorsprung bei der Größe des freien Speicherplatzes (der allerdings mit der Einführung der 32MB-Version des PRO dahingeschmolzen sein wird). Allerdings hat der Ericsson auch keine CF mit im Karton.
Und damit kommen wir zum Wichtigsten: Der Software, denn hier liegt der wahre Unterschied zwischen dem Ericsson und dem PSION. Warum? Nun, der MC218 hat drei Applikationen, die unter EPOC laufen, und zwei (bereits oben erwähnt), die auf dem PC laufen, die der PSION nicht einmal für Geld und gute Worte bietet. Alle fünf haben irgendwie mit Kommunikation zu tun. Auf die Apps My Pocket und Offline Web wurde schon zur Genüge eingegangen, ich werde mich daher auf die Besprechung der drei EPOC-Applikationen beschränken.
Nummer eins: Postkarte: Mit dieser Applikation ist es dem Anwender möglich, ein Bild entweder per Infrarot von einer Digitalkamera in den Speicher des MC218 übertragen zu lassen, oder aber ein solches von einer CF einzubinden, zu modifizieren und es dann per Email zu verschicken. Am Besten denke ich sieht man das auf dem angehängten Screenshot. Das Foto habe ich mit meiner Kodak DC260 gemacht. Die CF aus der Kamera habe ich dann in den Ericsson gesteckt (eine Übertragung per IrDA habe ich getestet, sie wird aber mit dieser Kamera scheinbar nicht unterstützt, jedenfalls hat das nicht funktioniert) und von dort in die Postkarte eingebunden. Anschließend kann man mit dem Stift Dinge in die Zeichnung hineinmalen, und so beispielsweise persönliche Grüße in ein Bild einfügen. Vermalt man sich, kein Problem: Mit dem Radiergummi stellt man das ursprüngliche Bild einfach wieder her und fängt von vorne an. Ist der Gruß fertig, versieht man ihn mit einer oder mehreren Mailadressen und verschickt ihn dann über das vom PSION her bekannte Email-Programm. Mein Eindruck: Ist eher eine Spielerei, aber eine nette, und eine, die funktioniert. Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Das Foto kommt beispielsweise auf meinem PC farbig an, obwohl es auf dem Ericsson natürlich nur schwarz/weiß angezeigt wird. Die Farbinformation in den Bildern bleibt also erhalten!
Nummer zwei: Mein Telefon. Diese Applikation ist perfekt an die hauseigenen Telefone der Marke Ericsson angepaßt. Man kann damit beispielsweise beim SH-888 so gut wie alles einstellen: Rufumleitungen, Begrüßungstext, Klingeltöne, man kann eigene Melodien komponieren und vieles mehr. In dieser Hinsicht ist „Mein Telefon“ sogar dem hervorragenden PhoneMan überlegen. Man kann mit „Mein Telefon“ außerdem die internen und auf der SIM-Karte des Handy gespeicherten Telefonbücher verwalten, und beispielsweise Rufnummern aus der Kontakte-Datenbank problemlos ins Handy kopieren, oder sogar direkt aus der Applikation heraus wählen lassen. Wo wir allerdings gerade beim Vergleich mit PhoneMan sind: Eines kann „Mein Telefon“ nicht: SMSe verschicken. Schade, das würde diese Applikation perfekt machen, denn so muß man auf die bekanntermaßen schlechten SMS-Fähigkeiten von „Email“ zurückgreifen, und die sind auf dem Ericsson auch nicht besser als auf dem 5mx(PRO). Ein kleines Manko gibt es übrigens außerdem: Beim Starten versucht „Mein Telefon“ sofort, die Verbindung zum Handy herzustellen. Ist keines in der Nähe, braucht die Software eine Weile, um das zu begreifen. War früher schon einmal ein Handy mit dem MC218 verbunden, so wird dessen Telefonbuch aus dem „Cache“ geladen und angezeigt, ansonsten lädt die Applikation die aktuellen Daten aus dem Speicher des Handys und zeigt sie an. Diese ganze Prozedur ist ein wenig langwierig und nervig, hier finde ich persönlich den Weg, den Steven Godfrey mit PhoneMan geht (die Daten werden in einer eigenen Datei auf dem PSION abgespeichert und nur auf Befehl mit dem Handy synchronisiert), besser. Mein Eindruck: Ein starkes Stück Software, könnte sich noch ein wenig mehr an PhoneMan orientieren, dann wär‘s perfekt.
Nummer drei: MobileInternet: Der speziell auf das WAP-Protokoll zugeschnittene Browser sieht auf den ersten Blick wie der bekannte für das HTML-Protokoll aus. Der Unterschied offenbart sich allerdings sofort, wenn man eine Verbindung aufbaut. Die Herstellung einer solchen dauert nur knappe fünfzehn Sekunden, der Download einer Seite, die man nicht im Cache hat, geht in knapp zwei Sekunden vonstatten. Damit ist MobileInternet um Längen schneller als der normale HTML-Browser, und für Leute, die nicht unbedingt mit Grafiken überladene Seiten auf ihrem kleinen Freund lesen wollen, nicht nur eine Alternative, sondern ein absolutes Muß. Kein Wunder, schließlich konnte ich mich auf der systems auch von der Praxistauglichkeit von WAP auf dem neuen Ericsson-Handy R320s überzeugen. Internetanwendungen, die für so einen kleinen Bildschirm taugen, taugen auch locker für einen Monitor von der Größe des Screens des MC218. Mein Eindruck: Hier liegt die Zukunft für mobiles Internet, oder zumindest ein Teil davon.
Zu allen drei eben besprochen Applikationen gibt es allerdings für PSION-User einen großen Wermutstropfen: Keine der Apps läuft auf dem Serie5(mx(PRO)). Ericsson hat hier offensichtlich Sicherungen eingebaut, so daß eine „unberechtige“ Nutzung der Software nicht möglich ist. Ich bin mir ziemlich sicher, daß schlichtweg die Systeminfo abgefragt wird, und ähnliches bekam ich auch von Ericsson zu hören. Schade eigentlich, doch auch verständlich. Sollte sich Ericsson allerdings durchringen können, diese Applikationen irgendwann kommerziell auch für PSIONs anzubieten, könnte ich mir vorstellen, daß die Jungs da ein richtig gutes Geschäft machen. Zu diesem Thema fällt mir natürlich auch wieder eine moralische Seite ein: Die symbian-Mitglieder sollten sich meiner Meinung nach nicht untereinander bekämpfen, auch nicht in der (harmlosen?) Form, daß die EPOC-Software des Einen nicht auf den Maschinen des Anderen läuft. So etwas bewirkt nur eines: Mehr Argumente für WindowsCE, und das ist sicher nicht im Interesse von Ericsson oder PSION. Andererseits: Will PSION nicht den Anschluß verlieren, muß auch von dort eine WAP-Lösung kommen. Wie die nun aussehen wird, sei dahingestellt. Der Ansatz von Ericsson ist aber ausgesprochen vielversprechend.
Eine Anmerkung noch zum Thema Internet: Beim Ericsson gibt es einen Assistenten, der dem User beim Einrichten des Internetzugangs behilflich ist. Enthalten ist darin auch ein kostenloser Test-Account von Ericsson selber, der in vielen deutschen Städten direkte Einwahlknoten bietet, und sich bei einem ersten Test als hinreichend schnell erwiesen hat. Finde ich alles in allem eine ausgesprochen gute Idee.
Fazit: Ja, was soll ich sagen? Der Ericsson MC218 gefällt mir ausgesprochen gut. Das Outfit ist eine Spur edler als das des 5mx(PRO), und die drei oben besprochenen Applikationen sind im Moment ein ausgesprochen schlagkräftiges Argument für den Ericsson. Dementsprechend meine Empfehlung: Sollte jemand, der vielleicht schon ein Ericsson-Telefon (oder sogar ein SH888) hat, planen, sich einen 5mx(PRO) zuzulegen, sollte er sich auf jeden Fall den Ericsson anschauen. Erstens ist er billiger, zweitens hat er interessante Applikationen dabei, die der PSI nicht bieten kann, und drittens arbeitet er mit den Mobiles von Ericsson optimal zusammen. More bang for the buck, speziell für Einsteiger (oder einfach „Nicht-Freaks“), denen die leichte Aktualisierung des Betriebssystems beim 5mxPRO nicht so wichtig ist. Und bis auf diese Aktualisierung läßt sich ein MC218 ebenso „zurechtbiegen“ wie ein 5mx oder ein PRO. Die bekannten und wichtigen Apps wie Street- und Route-Planner laufen ebenso wie alles übrige an EPOC-Software. Warum also nicht einen PSION von Ericsson? In diesem Zusammenhang noch eines: Der von PsionWelt aufgedeckte und mittlerweile behobene Password-Bug ist weder ein Argument für den einen noch für den anderen: Der Crack funktioniert auch auf dem MC218, aber wir haben ja den Patch...
Zum Abschluß muß ich noch einen kleinen Dank loswerden an die Firma KomSa, die mir den Ericsson MC218 leicht zähneknirschend zum Test ausgeliehen hat. Die haben da nämlich noch nicht so viele deutsche MC218, und sollen dann davon auch noch einen verleihen... Vielen lieben Dank.
Ingo Fechtel, 07.11.1999