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Testbericht zum Nokia N82

    Testbericht zum Nokia N82
Andreas Prochazka, 16. März 2008
 

N82 – Testbericht

Heutzutage existiert ein breites Spektrum an verschiedenen Handy-Modellen am Markt. Vom globigen Alleskönner bis hin zum schlichten Minimalisten – alles präsent. Mit dem N82 aber scheint Nokia diese beiden Eckpunkte unter eine Haube gebracht zu haben. Kompakt wie eben ein Handy, strotzt es mit einer Innenausstattung, die da drinnen eigentlich nicht Platz haben sollte.

Das N82 mit der Standby-Ansicht für raschen Überblick und Zugriff

Fast zu artig und konventionell schaut das N82 aus, um einen Designerpreis zu gewinnen. Dies bedeutet aber auch, dass der Formfaktor stimmt. Wie das bei einem Handy sein sollte, lässt es sich mühelos in den Hosensack stecken. Allerdings klafft, zumindest bei meinem Gerät, zwischen Front und Unterschale ein gut 0,5mm breiter Spalt. Subjektiv zu viel Spiel. Für Schmutz die ideale Möglichkeit sich anzusammeln, was den Glanz der schön silbern funkelnden Oberfläche bald in unschönen Rahmen rücken wird.

Bildschirm & Tastatur

Nicht so tragisch – spätestens nach dem Einschalten hat man mit dem 240x320 Bildpunkte (QVGA) großen Bildschirm und 17 Millionen Farben einen neuen attraktiven Blickfang. Da bleibt halt nicht mehr viel Platz für die Tastatur. Obwohl, der Ziffernblock ist noch im grünen Bereich und griffig. Aber bei der darüber liegenden Bedienreihe mit Menütasten und Cursorsteuerung erhebt sich die Frage, wie viele Mobile Phones die Finnen schon gebaut haben. Diesen Bereich hat man versucht möglichst eben in die Front einfließen zulassen. Somit gibt es quasi keine Struktur zum Greifen oder Erkennen – ziemlich dilettantisch!

Wie schon bei einigen Vorgängern wird die Bildschirm-Helligkeit automatisch über einen Sensor reguliert, der das Umgebungslicht misst. Neuer hingegen ist da der Beschleunigungssensor, welcher die Lage des Telefons checkt und so im Bedarfsfall zwischen Porträt und Landscape-Darstellungsmodus schaltet (also die Bildschirmanzeige auf Hoch oder Quer dreht). Primär ist das natürlich beim Fotografieren und Bilderansehen praktisch.

Bei der so genannten „Serie 60“ (siehe auch Bericht zum N70) bereits etabliert hat sich die aktive Standby-Ansicht. Neben sämtlichen obligaten Statusanzeigen, Datum/Uhrzeit, anstehenden Terminen und Aufgaben, ordnet man sich hier auch seine bevorzugten Applikationen als kleine und rasch anwählbare Icons an. Dazu gekommen ist hier ein gerätweites Suchen. Eine mächtige Funktion! Mit affenartiger Geschwindigkeit wird hier in allen (selektierbaren) Inhalten, wie etwa Notizen, Terminen, Aufgabe, Mitteilungen, aber auch Lesezeichen, Musik, Mails, Dokumenten und Files gesucht. Mit jeder Buchstabeneingabe wird das Suchergebnis immer konkreter, bis man sein Ziel lokalisiert hat. So kann man z.B. die Kontakte nach einer Telefonnummer durchsuchen oder Personen finden die im selben Ort wohnen oder Omas Rezept, wenn man nicht mehr weiß ob es ein Mail war oder ein Word-Dokument.

Im Menü sieht man nun auch aktive Programme

Auch in der Menü-Ansicht wird der routinierte S60-Anwender Verbesserungen entdecken. So zeigen die neueren Geräte (3rd Edition) statt nur 9 Icons ein ganzes Dutzend Programme und Ordner an. Tipp: diese lassen sich rasch und direkt mit der adäquat angeordneten Zifferntaste öffnen, ohne lange mit dem Cursor herum fahren zu müssen.

Bald wird man bei dem einen oder anderen Programm-Icon ein zusätzliches rundes Symbol registrieren, das uns scheinbar irgendwas kundtun will. Nun, es dient zum Erkennen aktiver Applikationen, denn seit jeher beherrschen Telefone mit Symbian-Betriebssystem an Board das namhafte Multi-Tasking. Möglicherweise wissen dies nicht viele Nutzer – der bisher einzige Weg das zu offenbaren, führte über den Taskmanager und der erscheint nur durch Drücken und Halten der Menütaste.

Apropos Taste: Leider hat man jene mit dem Bleistift-Symbol (eventuell auch als „ABC“-Taste bekannt) weggelassen. Sie diente mehr oder weniger als Shift-Taste, um z.B. Textpassagen zu markieren und via Zwischenablage Kopier- und Einfügeoperationen zu exekutieren. Diese Funktionen hat man nun auf Raute- und Sterntaste aufgeteilt. Prinzipiell kein Malheur, aber dem Komfort förderlicher ist da schon die Multimedia-Taste. Diese „wächst“, gut greifbar, aus der rechten Menütaste heraus und holt für einen raschen Zugriff die Top-Inhalte aus sieben Multimediabereichen auf den Bildschirm. So ist es beispielsweise endlich möglich, mit nur zwei Tastendrücken eine SMS an seinen favoritisierten Empfänger zu senden. Ein Wunsch, der von Usern in diversen Foren immer wieder thematisiert wird.

Eine Ausstattung ohne Marotten:
Das Kamera-Modul mit Autofokus

Kamera

Kommen wir von dem Auf und Ab zu einem Glanzpunkt ohne Marotten. Mit der dargebotenen Ausstattung ist es endlich soweit, dass beim Ausflug die Kompaktkamera wirklich zu Hause bleiben kann. Es sind nicht alleine die 5 Megapixel, sondern vor allem der Autofokus, mit dem die Distanzierung zur herkömmlichen Handykamera gelingt. Zusätzlich ein Xenonblitz mit Fokusier-Hilfslicht und scheinbar eine gute Software, die freilich mit etlichen Motivprogrammen, Serienaufnahme, Selbstauslöser und relevanten Einstellmöglichkeiten ausgestattet ist. Ja, sogar ein Bildbearbeitungsprogramm ist schon obligat.

Das Zeiss-Objektiv wird von einer Schiebeklappe geschützt, die beim Öffnen simultan das kompakt eingebaute Aggregat hochfährt. Nimmt man das N82 wie einen Fotoapparat (also quer) in die Hand, so kommt der Auslöseknopf ideal genau unter dem rechten Zeigfinger zu liegen. Keine Sorge, wie eingangs erwähnt, dreht sich das Bild automatisch nach.

Neben der Auslösetaste ist ein weiterer Drücker positioniert, der den User direkt in die Bildergalerie führt, für die der Speicher übrigens ausreichend Platz bietet. Alleine intern hat Nokia den User über 100MB reserviert, dennoch wird man Fotos eher auf der mitgelieferte 2GB-Speicherkarte ablegen, um den Telefonspeicher für Software freizuhalten. Leicht zu installierende Freeware und kommerzielle Programme gibt es zu jedem Thema ausreichend z.B. auf www.mobile2day.de

Mit der derzeitigen Maximalvariante von 8GB bei microSD-Karten, ist man überhaupt jede Speicherplatzsorge los. Die nur fingernagelgroße Speicherkarte (kleiner Finger!) wird seitlich unter einer Abdeckung in einen Hot-Swap-Slot gesteckt. Der Name rührt eigentlich daher, weil die Karte auch während des Betriebes gewechselt werden kann. Ich vermute aber eher, weil einem beim Kartentausch ohne Nerven aus Stahl leicht heiß werden kann.

Nebenbei sei noch erwähnt, dass auch Videos kein Problem sind und für Videotelefonie ist zusätzlich eine simple CIF-Cam frontseitig, oberhalb des Displays beherbergt.

Sound

Guter Sound und nette grafische Umsetzung

In der Packung findet man auch einen Stereo-Kopfhörer. Wie der vertraute Nokia-User weiß, braucht man den vor allem auch als Antenne zum UKW-Radio. Ohne Headset hat man für verbesserten Stereosound die Speaker längsseits arrangiert, um den Abstand zwischen den einzelnen Lautsprechern zu vergrößern und setzt somit eigentlich die Verwendung in Querformat voraus. Denn man würde den rechten Lautsprecher mit der Hand zuhalten, wenn man das Handy dabei wie gewohnt hochkant hält.

Wohl gemerkt, dass betrifft das „Laut hören“, das gewöhnliche Telefonieren funktioniert wie immer. Hier hat sich puncto Qualität auch nichts getan. Man versteht alle Gespräche ausgezeichnet und man wird entsprechend gut verstanden.

Den MP3-Player hat man mit zusätzlichen Features wie Klangregler, Raumklang, Visualisierung à la Windows Media Player und Album-Grafik-Organisation etwas aufgemotzt.

Statt dem Kopfhörer lässt sich auch ein mitgeliefertes Videokabel anschließen. Somit lassen sich rasch, einfach und in bester Qualität die Urlaubsbilder auf den Fernseher bringen oder man startet ein N-Gage-Spiel und fährt plötzlich im Wohnzimmer ein Autorennen, obwohl man bisher keine Spielkonsole zu Hause hatte.

Da letztlich einfach der Telefonscreen reproduziert wird, ist so alles möglich. Kombiniert mit der Funktastatur wäre sogar Arbeiten wie auf einem PC möglich. Taugliche Software für Mail, Web und Office-Dokumente ist ja bereits an Board!

Eine ganz andere Ergänzung fand beim Klingelton statt. Die Sprachsteuerung setzt voraus, dass jeder Text digital zerlegt werden kann. So ist es möglich, dass jeder Namen im Telefon und beliebige Programme per Sprache aufgerufen werden können. Diesen Sprachsynthesizer macht man sich nun zu Nutze, statt einem Klingelton auch den Anrufernamen anzusagen. Natürlich sofern die Telefonnummer übertragen wird und im Telefonbuch zu finden ist.

GPS-Ortung & Navigation

Ein echter Alleskönner hat nun auch GPS-Navigation

Wir reden immer noch über ein Handy, das sich bequem in den Hosensack stecken lässt, aber die Aufzählung geht weiter: Hinter dem tiefstapelnden Namen „Karten“ („Maps“) verbirgt sich nicht „Solitaire“, sondern ein erwachsenes Satellitennavigationssystem. Das N82 arbeitet mit A-GPS (Assistent Global Positioning System), es nimmt also zusätzlich Informationen aus dem Telefonnetz zur Hilfe, sofern der Netzbetreiber dies anbietet, was aber noch nicht weit verbreitet ist.

In Summe bin ich über die Ortung überrascht. Sie funktioniert sogar am Beifahrersitz oder gar in der Mittelkonsole liegend, manchmal in geschlossenen Räumen, was mir rätselhaft ist. Die Karten selbst sind gut (über den MapLoader sucht man sich am PC die gewünschten Länder/Gebiete aus). Wichtige Verkehrswege (wie Autobahnen) sind aktuell, im Gassenwerk hinkt der Informationstand auch Jahre zurück. Nach wichtigen Punkten wie Tankstellen, Restaurants, Sehenswürdigkeiten u.v.m. kann ebenso gesucht werden, wie nach Adressen aus den Kontakteinträgen. Orientierungspunkte kann man abspeichern und freilich werden Routen geplant.

Nur ab der Echtzeit-Navigation wird’s kostenpflichtig. Verfügbar sind Lizenzen für 1 Woche (6,49), 30 Tage (7,99), 1 Jahr (59,99) und 3 Jahre (69,99). In den Klammern sind als Beispiel die Preise für die Alpenregion (umfasst A, CH und Teile von D, F und I) angeführt, wobei es eine Vielzahl an Länderpackages gibt. Dann aber geleitet uns eine digitale, akustisch gut verständliche Frauenstimme bis zum Ziel und, wenn wir uns verfahren, stellt sie sich sofort drauf ein und macht das Bestmögliche daraus.

Inhaltlich sind manche Anweisungen echt verwirrend. Ein „Fahren Sie 1,4km geradeaus und wenden Sie dann“ entpuppt sich nur halbwegs als erklärbar, weil tatsächlich bis dahin unzählige vorgeschriebene Fahrtrichtungen keine andere Möglichkeit ergeben, obwohl man in andere Straßen abbiegt.

Satellitenbild mit Standort am Handy gab es bisher nur für Supergeheimagenten im Film

Das interne GPS kann natürlich auch anderweitig und von anderen Programmen verwendet werden. So bietet Nokia die Freeware „Sportstracker“ an, welche die bewältigte Strecke mit aufzeichnet und sämtliche errechenbare Daten wie Geschwindigkeit, Durchschnitt, Distanz etc. auswirft, dazu grafisch darstellt und auch als GPX, XML, CSV oder für Google Earth exportiert.

Auch Google Maps nutzt das GPS-Interface und zeigt uns so auf der Satellitenkarte, wo wir sind. Eine derartige Funktion am Handy war bisher nur Supergeheimagenten im Film vorbehalten.

Kommunikation & Verbindungen
 

Email in HTML ist kein Problem und im Querformat auch gut lesbar

Neben der ursprünglichen Hauptaufgabe, dem Telefonieren, funktionieren auch Email und Web hervorragend. Durch das Office-Package ist das Öffnen von Beilagen wie Word, Excel, Powerpoint oder PDF und sei es in einem ZIP-Archiv, kein Problem. Der Wap- & Webbrowser ist bereits wirklich ausgezeichnet und kennt ferner schon RSS-Feeds. Einen Mini-Flashplayer hat das N82 ebenfalls integriert.

Damit das alles flott funktioniert, gibt’s neben GPRS, UMTS, EDGE und HSDPA auch die Möglichkeit via WLAN zu surfen. Abgesehen von ev. Kostenvorteilen ist das normalerweise um einiges schneller.

 

Standard Office-Formate werden ebenso verdaut
 

Weitere Verbindungs-möglichkeiten mit anderen Geräten, vor allem aber mit dem PC, sind Bluetooth oder auch USB mit dem mitgelieferten Kabel. Das N82 hat dafür eigens seitlich eine Micro-USB-Buchse. Das Datensichern erledigt man einfach mit der PC-Suite, obwohl das Handy ebenfalls eine gute Backup-Option auf die Speicherkarte besitzt. Auch die Datenübernahme von einem alten Nokia gelingt meistens. Entweder eben mit der PC-Suite oder, Bluetooth vorausgesetzt, direkt zwischen zwei Serie60-Geräten mit der an Board befindlichen Austausch-Software. Toll ist nach wie vor, dass man mit dem „Nokia Software Updater“ selbst die Firmware des Gerätes auf Stand halten kann. Gratis und ohne Besuch der Servicestelle!

Bei all den integrierten Features stellt sich die Frage, ob da noch Platz für den Akku bleibt. Keine Sorge, der hat die Standardgröße beibehalten. Somit kommt man wie bisher 2-4 Tage aus. Die Laufzeit verringert sich natürlich mit dem Einsatz von stromfressenden Aktivitäten. Im harten Businesseinsatz ist dann eventuell nach einem Tag Ende. Das Ladegerät mitnehmen ist aber kein Ballast – es gerade mal so groß wie ein Eurostecker!

Resümee

Das N82 ist für mich das Schweizer Taschenmesser im Elektronik/Multimedia-Bereich und überzeugt durch die schlichte Kompaktheit. Es fehlt an nichts, maximal an einem DVT-B Empfänger. Schlimm genug, dass man das von einem Handy erwarten könnte. Ich freue mich schon auf das nächste Flaggschiff von Nokia, mit hoffentlich perfekten Bedienelementen, die den übrigen Qualitäten des Gerätes gerecht werden.

Andreas Prochazka, 16. März 2008