Anmerkungen von Andreas Wild, 14.03.2005
Vergleich Sharp Zaurus C760 / Psion - Einige Anmerkungen und Ergänzungen
So wie Lutz bin auch ich auf der Suche nach einem Psion-Nachfolger auf den Sharp Zaurus (in meinem Fall den C860) gestoßen und bin, um das Fazit gleich vorweg zu nehmen, bei ihm hängen geblieben.
Die technischen Details hat Lutz ausführlich beschrieben, ich will mich auf einige subjektive Aspekte konzentrieren, die die Anwendungsmöglichkeiten im Alltag betreffen.
Natürlich wird ein Vergleich zwischen Psion (ich werfe der Einfachheit halber mal 5mxPro und Netbook in einen Topf) und Zaurus je nach Anspruch und Nutzungsgewohnheiten des einzelnen Betrachters unterschiedlich ausfallen.
Ich habe am Anfang einige Zeit gebraucht, mich gedanklich vom Psion zu lösen. Ich habe das Internet durchforstet und ’zig Programme getestet, um für jedes mir vom Psion bekannte Programm eines zu finden, das auf dem Zaurus möglichst genauso aussehen und funktionieren sollte. Das habe ich aufgegeben. Der Zaurus ist eben kein besserer oder schlechterer Psion, er ist ein Sharp. Seine Entwickler haben nicht alle pfiffigen Details, die den Psion so einzigartig und (zu seiner besten Zeit) überlegen gemacht haben, übernommen, dafür haben Sie sich andere sehr hilfreiche Dinge einfallen lassen.
Natürlich gibt es auch Dinge, die ich im Vergleich zum Psion wirklich vermisse:
· Vor allem den genialen Klappmechanismus des Psion. Den Zaurus muß man eben mit einer Hand auf dem Tisch festhalten, wenn man ihn mit dem Stift bedienen will, sonst kippt er um.
· Die fast durchgängige Belegung aller Funktionen mit Tastaturkürzeln. Mit einiger Übung konnte man die wichtigsten Alltagsarbeiten erledigen, ohne den Stift aus seiner Halterung holen zu müssen. Beim Zaurus geht’s nicht besonders gut ohne Stift.
· Die Möglichkeit, Peter Smolaks Datenbanken zu lesen.
Aber dagegen stehen Dinge, die mich beim Zaurus überzeugen:
· Das Farbdisplay ist, was Auflösung und Brillanz angeht, hervorragend.
· Die für mich wichtigen Daten (Adressen, Termine etc.) passen alle bequem in den internen Flash-Speicher. Akku leer zur unpassenden Zeit, Systemabsturz durch allzu heftiges Rumspielen am System - alles kein Problem. Irgendein Datenverlust ist mir bisher nicht passiert.
· Größe und Gewicht des Gerätes sind so, dass es wirklich zum mobilen Begleiter taugt. Irgendwelche Probleme mit der mechanischen Stabilität oder gar einen Displaykabelbruch habe ich bisher nicht kennen gelernt.
Funktionen, die ich (noch) nicht brauche:
· Der Klapp- und Drehmechanismus ist etwas, was man dem staunenden Publikum gern vorführen kann, ich benutze den Zaurus allerdings fast nur in der Variante mit Tastatur. Das liegt erstens an meiner ausgeprägten „Psion-Sozialisation“ und zweitens daran, dass ich mit der Handschrifteingabe nicht besonders zurecht komme. Der Fairness halber soll aber erwähnt sein, dass ein Übungsprgramm, mit dem man das Schreiben der einzelnen Zeichen erlernen kann, im System eingebaut ist. Der Zaurus hat außen einen Wippschalter sowie ein kleines Drehrad, womit man die OK- und Esc-Taste sowie das vertikale Scrollen steuern kann. Das erleichtert die Benutzung des Zaurus im „Stift-PDA-Modus“ deutlich.
· Die Möglichkeit, den C860 als einfachen USB-Stick zu „missbrauchen“, habe ich noch nicht genutzt. Im Büro oder zu Hause brauche ich das nicht, und unterwegs habe ich das USB-Anschlußkabel für den Zaurus nicht mit dabei.
· Obwohl mit dem Textmaker (siehe Beitrag v. Lutz) ein wirkliches tolles Programm zur Verfügung steht, betreibe ich auf dem PDA keine Textverarbeitung. Ich brauch’s einfach nicht. Außerdem ist mir das Schreiben auf der kleinen Tastatur zu mühselig. Für ein paar schnelle Aufzeichnungen steht ein einfacher Texteditor zur Verfügung, der für mich völlig ausreicht.
· Die Möglichkeit, auf der Kommandozeilenebene zu arbeiten, bringt dem Linuxkenner die Möglichkeit, das Gerät und die verfügbare Software bis hin zur letzten Schraube zu tunen und Funktionen herauszukitzeln, die über das für einen PDA übliche Maß hinausgehen. Schön zu wissen, dass es so etwas gibt, aber ich habe es bisher nicht benutzen müssen und habe trotzdem (oder deswegen?) einen bestens funktionierenden Zaurus.
Was einer weiteren Verbreitung des Zaurus noch entgegensteht:
Bei allem, was für den Zaurus spricht, gibt es einige Dinge, die für viele potentielle Anwender wichtig sind (und die auf dem Psion funktionierten), die der Zaurus aber (zumindest bis jetzt) nicht beherrscht.
· Dazu zählt z.B. das Drucken über Infrarot (oder Bluetooth). Nicht nur, dass es an Treibern für die Druckerunterstützung fehlt; die von Haus aus mitgelieferten Anwendungen haben (zumindest beim Sharp-ROM) erst gar keine Druckfunktion.
· Die mit dem Sharp-ROM gelieferten PIM-Anwendungen sind wirklich nicht zu gebrauchen. Die PIM/PI-Applikationen dagegen leisten zwar fast alles, was man sich denken kann, können aber nicht direkt mit Outlook synchronisieren. Das ist für viele potentielle Nutzer sicher kein Problem der persönlichen Vorliebe, sondern der beruflichen Notwendigkeit und deshalb möglicherweise ein K.O.-Kriterium. Man kann Termine und Adressen über Umwege auch mit Outlook abgleichen, aber das ist kein für den täglichen Gebrauch praktikables Verfahren.
Die für mich wichtigsten Anwendungen auf dem Zaurus:
· Allein mit dem Kontaktmanagement KA/PI und der Termin- und Aufgabenverwaltung KO/PI (Lutz hat beide kurz vorgestellt) ist der Zaurus schon sein Geld wert. Beide gehen in ihrem Funktionsumfang über das vom Psion bekannte hinaus. Die Einstellmöglichkeiten (insbesondere in der Terminverwaltung) sind schier unendlich. Die Möglichkeiten, die das hochauflösende und farbige Display zur Informationsvermittlung bietet, werden konsequent und mit viel Liebe zum Detail ausgenutzt. Aber das Wichtigste ist: Diese Software „lebt“. Über die Heimat des Projekts (https://sourceforge.net/projects/kdepimpi/) sowie ein englisch- und ein deutschsprachiges Forum kann man direkten Kontakt mit den Entwicklern aufnehmen, Fehler melden und Anregungen für neue oder verbesserte Funktionen geben. Und das fließt tatsächlich in die Entwicklung der Programme ein. Teilweise kommen neue Releases im Wochenrhythmus heraus. So etwas hätten wir uns für PsiWin oder das nachladbare Betriebssystem des Psion gewünscht, oder nicht?
· Mit „StageOne“ (zu beziehen als Shareware über Handango) habe ich eine weitere „Killerapplikation“ gefunden. Das ist ein hierarchischer Outliner, mit dem man Informationen beliebiger Art in hierarchischen Strukturen verwalten kann. Damit kann ich alles erledigen, was ich an Datenbankanwendungen oder Notizenverwaltung auf einem PDA brauche, und das noch dazu auf äußerst praktische und übersichtliche Art und Weise.
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· Für Informationen, die ich geheim halten will (diverse PINs, Passwörter etc.), benutze ich SafeDee (https://www.bundu.com/zaurus.html). Das Programm bietet eine ausreichende Verschlüsselung, ist aber von der Handhabung durch seine feste Feldeinteilung relativ unflexibel. Wenn die für StageOne geplante Möglichkeit, komplette Dateien oder einzelne Zweige verschlüsseln zu können, realisiert wird, werde ich SafeDee nicht mehr brauchen.
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· Der Opera-Browser 7.3 funktioniert ohne Probleme. Ich habe mir eine WLAN-Karte von SanDisk spendiert, die im CF-Karten-Slot betrieben wird. Einstecken, Browser starten, lossurfen - so einfach kann’s gehen. Schade nur, dass es in meiner Umgebung zu wenig Hot-Spots gibt. Dadurch kommt auch der zum PIM/PI-Projekt gehörenden Passortmanager PWM/PI noch nicht so richtig zum Zuge. Er ist für den kennwortgesicherten Zugang zu Webseiten prädestiniert.
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· Die Tabellenkalkulation habe ich schon auf dem Psion mehr zur Datenspeicherung „missbraucht“. Ich benötige nicht unbedingt viele Formeln und Formatierungen, sondern die Möglichkeit, Daten übersichtlich anordnen zu können. Und das leistet das mitgelieferte „Hancom Sheet“ durch die Möglichkeit, mehrere Tabellenblätter in einer Datei zu verwalten, ausreichend.
· Mit ZBEDIC (https://sourceforge.net/projects/bedic) gibt es ein offenes Wörterbuchprojekt, dass aus der Applikation und frei dazu ladbaren Bibliotheken besteht (z.B.Sprachwörterbücher, eine Wikipedia etc.). Mit der Kombination „Deutsch-Englisch“ und „Englisch-Schwedisch“ bin ich im Urlaub in Schweden gut zurecht gekommen.
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Fazit:
Für mich ist der Zaurus C860 im Moment das „Schweizer Offiziersmesser“ unter den PDAs - solide, alltagstauglich und mit Funktionen für fast alle Lebenslagen ausgestattet. Auch wenn nicht jeder jedes eingebaute Werkzeug braucht, so ist man mit dem Zaurus doch für die wichtigsten Aufgaben gut gerüstet.
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